
Internationaler Vertrieb (Teil 2): Interkulturelle Kompetenzen im B2B-Bereich
Der weltweite Export von Gütern und Dienstleistungen ist für viele deutsche Unternehmen inzwischen unverzichtbar geworden. Große Unternehmen erschlossen fremde Märkte, steigerten damit ihre Absätze und wurden zusehends unabhängiger vom Heimatmarkt. Kleine und mittelständische Unternehmen folgten und nutzten die Vorteile des internationalen Vertriebs.
Laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) setzt die deutsche Wirtschaft heute bereits mehr als 50 % ihrer Leistungen im Ausland ab. Ihre weltweiten Niederlassungen und Produktionsstätten beschäftigen etwa sieben Millionen Menschen.
Worauf es beim Umgang mit ausländischen Geschäftspartnern ankommt
Der internationale Vertrieb ist ein anspruchsvolles System. Komplexe Abläufe und die Koordination zweier oder mehrerer Standorte erfordern spezielle Kenntnisse von Mitarbeitern und Führungskräften. Entscheidungen müssen gut durchdacht sein; eine Trial-and-Error-Vorgehensweise ist wenig zielgerichtet, führt sie mitunter doch zum Scheitern der ausländischen Geschäftsbeziehungen.
Abgesehen vom fachlichem Know-how ist das Wissen um und die Berücksichtung der Gepflogenheiten des jeweiligen Landes Voraussetzung für geschäftlichen Fortschritt.
Die Kultur des Geschäftsabschlusses
Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen, wie die GLOBE-Studie (Global Leadership and Organizational Behaviour Effectiveness Research Program), belegen die kulturellen Unterschiede einzelner Staaten. Innerhalb großer Länder kann es zusätzlich noch je nach Region kulturelle Differenzen geben, die es zu berücksichtigen gilt.
Im Außenhandel wird es immer bedeutsamer, sich auf die Gepflogenheiten seiner Geschäftspartner einstellen zu können. Unternehmen im internationalen Vertrieb müssen ihre Mitarbeiter auf unterschiedliche kulturelle, ethische und rechtliche Normen vorbereiten.
Kultur in Hinblick auf das Kaufverhalten
Kulturelle Unterschiede können die Verhandlungen mit ausländischen Kunden erheblich erschweren. Für einen erfolgreichen Geschäftsabschluss müssen beide Verhandlungspartner die Ausganssituation des anderen kennen und respektieren. In der Regel hat jedes Land seinen eigenen Verhandlungsstil. Bei internationalen Beziehungen kommt es darauf an, sich auf den Stil des Gegenübers einzulassen und ihm so weit wie nötig entgegenzukommen.
Für dieses Entgegenkommen müssen Sie als Verkäufer das Kauf- und Konsumentenverhalten Ihrer Kunden kennen. Das Kaufverhalten bestimmt die Planung des Verkaufs, die Verhandlungen sowie den Kaufabschluss. Das Konsumentenverhalten bezieht sich auf länderspezifische kulturelle Unterschiede, über die Sie als Verkäufer Bescheid wissen müssen.
Nur, wenn Sie das Kauf- und Konsumentenverhalten Ihrer ausländischen Kunden kennen, ist eine systematische Ansprache der Zielgruppen möglich. Um auf dem Zielmarkt erfolgreich zu sein, ist ein exakt zugeschnittenes Konzept unter Berücksichtigung sämtlicher Besonderheiten dieses Marktes erforderlich.
Vertrauen als Grundlage
Eine solide Vertrauensbasis ist die Voraussetzung für eine nachhaltige und gut funktionierende Geschäftsbeziehung. Mitarbeiter im internationalen Vertrieb benötigen für Verhandlungen mit ausländischen Kunden eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe und müssen darüber hinaus gut zuhören können. Diese beiden Fähigkeiten verleihen Ihnen ein Gespür für Ihr Gegenüber und erlauben Ihnen, auf den Kunden einzugehen. Im besten Fall passen Sie das eigene Verhalten an das des Kunden an, halten damit die kulturellen Unterschiede gering und ermöglichen so einen raschen Vertrauensaufbau. Ist dieser Schritt einmal getan, kann der Kunde Ihre maßgeschneiderten Lösungen für seine Bedürfnisse leichter annehmen und stimmt einem Verkaufsabschluss sehr viel schneller zu.
Herausforderungen internationaler Geschäftsbeziehungen
Die Mitarbeiter im Verkauf sollten sich interkulturelle Kompetenzen aneignen und diese in sämtlichen Situationen sicher und korrekt anwenden können
Übertragung eigener Erwartungen
Menschen aus anderen Ländern verhalten sich kulturspezifisch. Erziehung, Religion und das politische System beeinflussen die Vorstellungen von Ethik und Moral und bestimmen landesübliche Bräuche. Dies trifft natürlich auch auf Mitarbeiter im internationalen Vertrieb zu. Für sie ist es oft schwierig, eigene Gewohnheiten nicht auf andere Länder zu übertragen und von ausländischen Geschäftspartnern ein ähnliches Verhalten zu erwarten.
Besprechungen und Verhandlungen laufen im Ausland oft anders als in Deutschland ab. Kunden haben abweichende Vorstellungen von Geschäftsbeziehungen, ausländische Mitarbeiter brauchen eine andere Führung als deutsche. Diese Differenzen stellen Unternehmen oft vor große Herausforderungen. Ein guter Kontakt zu Einheimischen und Erfahrung im Umgang mit Menschen des jeweiligen Landes können dabei einen wertvollen Vorteil verschaffen.
Stil und Etikette im Ausland
Bei internationalen Beziehungen gibt es genügend Fettnäpfchen, in die weniger versierte Geschäftsleute treten können. Die eine oder andere Verhandlung ist bereits geplatzt, weil sich potenzielle Geschäftspartner von unwissenden Mitarbeitern beleidigt fühlten.
Doch Stil und Etikette beschränken sich nicht nur auf Gespräche am Verhandlungstisch. Sie beginnen beim Austausch von Höflichkeiten und setzen sich bei der Annahme von Einladungen und dem Verhalten während eines Geschäftsessens fort.
In China gilt die Visitenkarte als Symbol mit hohem Stellenwert. Die Übergabe erfolgt mit beiden Händen, sie nach Erhalt einfach in der Tasche verschwinden zu lassen wird als unhöflich erachtet.
In vielen osteuropäischen Ländern ist hingegen bei Blumen Vorsicht geboten. Überreichen Sie immer eine ungerade Zahl, denn eine gerade Zahl an Blumen wird nur im Trauerfall übergeben.
Dies sind lediglich zwei Beispiele, die interkulturelle Unterschiede verdeutlichen sollen. Eine Missachtung dieser Verhaltensregeln kann schnell zu Spannungen und schlimmstenfalls zum Scheitern der Verhandlungen führen.
Interkulturelle Kommunikation
In Deutschland läuft die Kommunikation meist sehr direkt ab. Ohne langen Small-Talk kommt das Gespräch schnell auf den Punkt, die Kommunikation dient zum Großteil dem Austausch von Informationen.
In vielen anderen Kulturen funktioniert Gesprächsführung nicht auf diese Weise. Nicht was, sondern wie etwas gesagt wird, gibt hier den Ausschlag. Verhandlungen ziehen sich oft durch lange Debatten hin, ehe der Kern der Sache erreicht ist. Deutsche Mitarbeiter internationaler Unternehmen müssen sich auf diese Form der Gesprächsführung einstellen, um vor ihren Gesprächspartnern nicht unhöflich zu wirken.

Der Small-Talk nimmt in vielen Ländern einen höheren Stellenwert ein, als es in Deutschland der Fall ist.
Führung eines internationalen Teams
Führungskräfte sehen sich oft mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, wenn sie ein internationales Team übernehmen. Nicht nur die Kunden, auch auf dem Zielmarkt akquirierte Mitarbeiter handeln nach länderspezifischen Normen und Regeln. Mangelnde Kommunikation erschwert den Aufbau von Vertrauen, was wiederum zu Missverständnissen und verminderter Motivation seitens der Mitarbeiter führt.
Passender Führungsstil
Deutsche Manager pflegen mit ihren Mitarbeitern in der Regel einen eher kameradschaftlichen Umgang. Im Ausland kann sich das als problematisch erweisen. In China ist die Zusammenarbeit beispielsweise von Restriktionen geprägt, abwertende Handlungen gelten möglicherweise als akzeptiert.
In diesen hierarchisch orientierten Ländern müssen deutsche Führungskräfte bestimmter und autoritärer auftreten. Ansonsten verlieren Mitarbeiter den Respekt und erschweren die Zusammenarbeit.
Vor allem in großen Ländern können zusätzlich regionale Unterschiede dazu kommen. Ein und derselbe Führungsstil kann nicht auf jede Region des Landes angewendet werden, sondern muss auf die Bewohner des jeweiligen Gebiets zugeschnitten sein.
Motivation und Respekt
In Deutschland legen Führungspersonen sehr viel Wert auf Sicherheit. Abläufe müssen korrekt erfolgen, ständige Notizen stellen die Richtigkeit der Vorgehensweise sicher. Das kann im Ausland auf Missfallen stoßen, da übermäßiger Schriftverkehr in vielen Ländern als Zeichen von mangelndem Respekt und Vertrauen gedeutet wird.
Viele Führungskräfte gehen mit Lob weitaus sparsamer um als mit Kritik. Mitarbeiter sehen dies oft als fehlende Wertschätzung und meiden den Kontakt zur Management-Ebene. Die für eine gute Zusammenarbeit nötige Vertrauensbasis fehlt dadurch. Arbeitsprozesse werden erschwert und die Stimmung im Team verschlechtert sich.
Kommunikation zwischen den Ebenen
Wenn Manager den Aufbau einer Beziehung zu ihren internationalen Mitarbeitern vernachlässigen, äußert sich dies oft in einer mangelhaften Kommunikation. Die Mitarbeiter meiden die Führungskräfte und der gegenseitige Austausch fehlt. Dieser ist aber eine wesentliche Voraussetzung für den geschäftlichen Erfolg. Die Mitarbeiter müssen ihre Strategien und Arbeitsprozesse aufeinander abstimmen. Eine Partei muss wissen, was die andere macht, um einen ordnungsgemäßen Ablauf zu garantieren.
Führungskräfte können diesen Schwierigkeiten durch häufigen Kontakt zu ihren Mitarbeitern vorbeugen. Viele Probleme entstehen so erst gar nicht oder können zumindest schneller gelöst werden.
Fazit
Damit das Zwischenmenschliche in internationalen Geschäftsbeziehungen reibungslos verläuft, müssen Mitarbeiter und Führungskräfte im internationalen Vertrieb auf mögliche kulturelle Barrieren vorbereitet sein, ehe sie im Ausland aktiv werden.
Führungskräfte eines internationalen Teams müssen sich auf ungewohnte Umgangsformen einstellen. Wie in Deutschland, hängt auch im Ausland der Erfolg von einer lückenlosen Kommunikation und einer soliden Vertrauensbasis zwischen Chefetage und Mitarbeitern ab. Wenn Sie diese Punkte berücksichtigen, kann einem internationalen Marktauftritt nichts im Wege stehen.
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