Wer kennt sie nicht, diese prachtvollen, megascharfen und brillanten HDR-Fotografien. High-Dynamic-Range-Bilder lassen sich mit Hilfe einer guten Kamera und dem passenden Bildbearbeitungsprogramm im Grunde relativ einfach erstellen. Photoshop beinhaltet seit der Version CS5 auch ein tolles Tool, welches das Zusammenfügen verschiedener Bilder mit unterschiedlicher Belichtungsdauer zu einem Kinderspiel werden lässt. Mit dem heutigen Tutorial möchte ich euch zeigen, wie ihr aus solch einer Belichtungsreihe im Nu ein HDRI (High Dynamic Range Image) zaubern könnt. Den GIMP-Usern unter euch steht im Übrigen dieses Tutorial zur Verfügung.
Grundlagen zum High Dynamic Range Image (HDRI)
Bevor ich mit euch ins Tutorial einsteige, kommen wir um einen kleinen Ausflug in die Theorie einer HDR-Aufnahme leider nicht herum: Eine Fotografie bildet immer nur einen bestimmten, eingeschränkten dynamischen Bereich ab. Deshalb müsst ihr für ein echtes HDRI mit eurer (Spiegelreflex-)Kamera zunächst einmal eine Belichtungsreihe aufnehmen, in der dann alle möglichen dynamischen Bereiche abgebildet sind. Ihr müsst also vom völlig über- bis zum total unterbelichteten Bild alles auf Chip und Speicherkarte bannen.
In Photoshop habt ihr im Anschluss die Auswahlmöglichkeit, Bilder mit 8, 16 und 32 Bit pro Kanal darzustellen. Dabei werden die Helligkeitswerte bei 8 und 16 Bit ohne Gleitkommadaten dargestellt. Sie reichen also nur von Schwarz bis zu Papierweiß, was natürlich nur einen sehr kleinen dynamischen Bereich der realen Welt abdecken kann. Daher bietet Photoshop auch die Möglichkeit, die Luminanzwerte von Bildern als Gleitkommazahl mit einer Länge von 32 Bit abzuspeichern. Damit wird die gesamte Lichtmenge einer Szene selbstverständlich wesentlich besser abgebildet als mit 8 oder 16 Bit. Ein echtes HDRI umfasst also immer 32 Bit. Wer aber seine Bilder nicht unbedingt ausdrucken will, für den reicht auch die Erstellung von Bildern in 8 oder 16 Bit, wobei Letzteres natürlich wegen des größeren dynamischen Bereiches vorzuziehen ist. Da die 32-Bit-Bilder über den Anzeigebereich eines standardmäßigen 24-Bit-Monitors hinausgehen und dadurch am normalen Computer-Bildschirm oft zu dunkel oder auch ausgewaschen wirken, hält Photoshop die 32-Bit-Vorschauoptionen bereit, welche sich zwar nicht auf das Bild selbst auswirken, aber trotzdem dessen Anzeige auf dem Monitor beeinflussen. Hierzu später mehr. Zunächst möchte ich euch die Erstellung eines echten HDR-Bildes aus einer Belichtungsreihe, die mir freundlicherweise mein Kollege Robert zur Verfügung gestellt hat, zeigen.
Step 1
HDR Pro war wohl eine der beeindruckendsten Neuerungen in Photoshop CS5. Hiermit lassen sich seitdem Belichtungsreihen recht simpel zur einem HDRI zusammenfügen. Um dieses Tool aufzurufen, könnt ihr zwei verschiedene Wege gehen, die beide zum gleichen Dialog führen.
Solltet ihr das Dateiverwaltungsprogramm Adobe Bridge bevorzugen, so könnt ihr dort alle gewünschten Bilder mit gedrückter Strg-Taste und jeweils einem Klick selektieren. Über den Menüpunkt Werkzeuge -> Photoshop -> Zu HDR Pro zusammenfügen könnt ihr euch dann ein HDR generieren lassen.
Oder aber ihr geht direkt in Adobe Photoshop auf Datei -> Automatisieren -> Zu HDR Pro zusammenfügen. Hier müsst ihr anschließend auf „Durchsuchen“ klicken und schon könnt ihr die komplette Belichtungsreihe oder auch nur einzelne Bilder daraus auswählen und die Eingabe mit OK bestätigen. Ich habe mich hier für Aufnahmen mit fünf verschiedenen Belichtungszeiten beschränkt, da mehr Fotos natürlich auch mehr Rechenaufwand bedeuten, diese aber das Ergebnis dann nicht mehr allzu signifikant verbessern.
Step 2
Nun öffnet sich nach etwas Rechenarbeit durch Photoshop ein neuer Dialog. Hier könnt ihr nun grundlegend zwischen 8, 16 und 32 Bit wählen. Ich möchte hier zunächst auf die Einstellungsmöglichkeiten der 32-Bit-Version eingehen, da wie schon erwähnt, nur diese Variante die Erstellung eines echten HDRI erlaubt. Hier könnt ihr durch Verschieben des kleinen, markierten Schiebereglers die Weißpunktvorschau des zusammengefassten Bildes anpassen. Kleiner Tipp: Sollte euch in diesem wie auch im 8- und 16-Bit-Dialog eine Einstellung des Schiebereglers einmal nicht gefallen, so könnt ihr eure Eingabe mit Doppelklick auf den Regler ganz schnell wieder rückgängig machen und diesen auf den Ausgangswert zurückstellen. Eine weitere Einstellmöglichkeit ist es auch, Geisterbilder zu entfernen. Wenn also in euren Bildern, die ja nun mal aufgrund der unterschiedlichen Belichtungsdauer nicht in wenigen Millisekunden erstellt sind, Menschen oder andere, sich schnell bewegende Gegenstände zu sehen sind, so könnt ihr diese mit einem Häkchen auf „Geisterbilder entfernen“ fixieren. Zudem könnt ihr einzelne Bilder aus eurer Reihe die ihr für nicht sehr einflussreich auf das Endergebnis erachtet, durch Klick auf das Kästchen einfach entfernen und auch ganz schnell wieder hinzuschalten. Somit senkt ihr die Rechendauer und könnt gleich im Live-Bild überprüfen, welche Auswirkung eure Änderung auf das Ergebnis hat. Wenn euch nun also die Einstellung so gefällt, dann könnt ihr eure Eingabe mit OK bestätigen und schon wird das HDRI erstellt.
Step 3
Wenn ihr nun ein solches, professionelles HDRI erstellt habt, könnt ihr dieses auf Wunsch auch sofort drucken. Für die Bildschirmanzeige mit 24 Bit könnt ihr dieses Bild noch etwas anpassen. Mit den Einstellungen Belichtung und Gamma passt ihr die Helligkeit und den Kontrast eures Vorschaubildes an. Diese Änderung wirkt sich nur auf die Vorschau aus. Das eigentliche HDR-Bild bleibt von diesen Einstellungen unberührt. Um diese Einstellmöglichkeit aufzurufen, müsst ihr auf Ansicht -> 32-Bit-Vorschaubild gehen.
Step 4
Noch ein kleiner Tipp: Ihr könnt alternativ zum vorangegangenen Step auch auf den kleinen markierten Pfeil unten links im Dokumentenfenster gehen und dort die Option „32-Bit-Belichtung“ auswählen. Durch Verschieben des Reglers könnt ihr auch hier die Belichtung eures Vorschaubildes verändern. Mit Doppelklick auf den Regler könnt ihr auch hier wieder zu den Standardeinstellungen zurückkehren. Eure Datei könnt ihr im 32-Bit-Modus nun als PSD, PSB und TIFF abspeichern.
Step 5
Wenn ihr allerdings ein Bild mit höherem Dynamikumfang nur für die Webdarstellung speichern wollt, dann wählt ihr den 8- oder 16-Bit-Modus aus, wobei Letzterer aufgrund seines breiteren Dynamikbereiches natürlich empfehlenswerter ist. Hier habt ihr nun viele weitere Einstellmöglichkeiten die ich euch kurz erläutern möchte. Wie so oft, hält Photoshop hier ganz oben natürlich auch jede Menge Vorgaben/Presets bereit. Auch hier gilt: Ein Doppelklick auf den jeweiligen Schieberegler setzt diesen auf die Standardeinstellungen zurück.
- Radius: Hier legt ihr die Größe der lokalen Helligkeitsbereiche fest. Je größer der Radius, desto größer wirkt also der Schein, den man (leider) oft um Häuser oder andere Objekte herum findet. Hier also bitte schön vorsichtig vorgehen.
- Stärke: Auch hier gilt: Vorsicht walten lassen. Hier legt ihr fest, wie weit die Tonwerte zweier Pixel auseinander liegen müssen, damit sie von Photoshop nicht mehr als Teil desselben Helligkeitsbereiches erkannt werden.
- Gamma: Mit dem Gamma-Wert passt ihr die Unterschiede zwischen den Lichtern und den Tiefen an. Ist der Gamma-Wert niedrig, so werden die Mitteltöne stärker hervorgehoben. Bei einem höheren Wert dominieren dagegen die Tiefen und die Lichter.
- Belichtung: Diese Einstellung erklärt sich eigentlich von selbst. Im negativen Bereich wird das Bild allgemein dunkler. Im positiven Bereich wird es dann heller.
- Detail: Hier wird, ganz allgemein gesagt, die Schärfe des Bildes angepasst. Ein hoher Wert und das Bild wird knackig scharf und ein kleiner Wert und das Foto wirkt etwas verwaschener.
- Tiefen & Lichter: Mit diesem Regler könnt ihr die entsprechenden Bildbereiche also eher etwas aufhellen oder eben abdunkeln.
- Dynamik: Hiermit wird die Intensität blasser Farben angepasst und gleichzeitig aber auch die Beschneidung von stark gesättigten Farben zurückgeregelt.
- Sättigung: Die Intensität der Farben wird damit angepasst im Wertebereich von -100 (monochrom) oder +100 (doppelte Sättigung).
- Gradationskurve: Diese nutzt ihr wie schon von der Einstellungsebene „Gradationskurven“ her gewohnt, um die einzelnen Bildbereiche Tiefen, Mitten und Lichter noch einmal nachzubessern.
Step 6
Wenn ihr mit dem Ergebnis zufrieden seid, könnt ihr das Bild nun abspeichern. Wenn ihr noch etwas nacharbeiten wollt, könnt ihr euer Bild noch einmal in CameraRAW öffnen und bearbeiten. Hierzu geht ihr in der Adobe Bridge auf das als jpeg-Datei abgespeicherte Bild mit Rechtsklick und klickt auf „Mit CameraRAW öffnen“. Ihr könnt CameraRAW aber auch direkt aus Photoshop öffnen. Dazu geht ihr auf Datei -> Öffnen als, sucht euer Bild heraus und gebt unter Öffnen als „CameraRAW“ an. Es öffnet sich in beiden Fällen ein neues Fenster in welchem ihr im Reiter Grundeinstellungen noch Verbesserungen vornehmen könnt. Ich habe hier auch noch eine leichte Vignette im Reiter „Objektivkorrekturen“ hinzugefügt.
Damit wisst ihr nun, wie ihr professionell HDR-Bilder in Photoshop erstellt. Wenn ihr euch weitere Anregungen zu tollen Fotos mit großen Dynamikumfang holen wollt, dann schaut euch doch einmal in der HDR Group auf Flickr um. Dort findet ihr eine Vielzahl schöner Fotos.
Wer übrigens auf der Suche nach meinem alten Photoshop-Pseudo-HDR-Tutorial ist, kann sich dieses hier als PDF herunterladen: [Download nicht gefunden.]
3 Kommentare
Hey Thomas,
du hast ein mega-cooles Tutorial geschrieben und es macht richtig Spaß diesen Schritt für Schritt durchzugehen, Danke!
In der Praxis ist mir jedoch aufgefallen das ich den „letzten“ Schritt nicht durchführen kann, da ich nicht die Auswahl habe die HDR Datei zum Schluss in RAW zu öffnen.
Vieleicht hatte schon jemand das gleiche Problem, ich hoffe auf Lösungsvorschläge!
Danke und beste Grüße
Anatoli
Hallo Anatoli,
dein Problem wird wahrscheinlich im Dateiformat des abgespeicherten Bildes begründet sein. TIFF-Dateien lassen sich in CameraRAW öffnen – PSD-Dateien nicht. Probiere also einfach mal, dein Bild als TIFF zu speichern und dann solltest du sowohl in Bridge, als auch in Photoshop dieses Bild in CameraRAW öffnen können.
Beste Grüße, Thomas
Hi,
Super Tutorial!
Hab nur ein kleines Problem. Und zwar ändert sich bei mir nach „OK“ klicken bei Step2 das Bild extrem.
Ich habe also meine Einstellungen im 16-Bit Modus so gemacht, dass es ut aussieht, aber nach dem Fertigstellen wird mir das Bild extrem verändert in Photoshop dargestellt.
Woran kann das liegen?
VG
Hannes