In der Fotografie, beim Grafikdesign oder der Typografie spielen klare geometrische Formen schon immer eine wichtige Rolle. Warum also nicht einmal mit einer Vielzahl von Dreiecken ein Polygon-Portrait gestalten? Dieses Design wirkt stets hip und frisch und kann als Künstlerwerbung auf einem Flyer genauso genutzt werden wie als großflächige Werbung auf einem Plakat. Alles was ihr braucht ist ein wirklich gut gemachtes Ausgangsbild, denn die Qualität des Ursprungsfotos bestimmt am Ende auch zu einem großen Teil den coolen Look eures Low Poly Designs.
Einige von euch werden jetzt sagen, Polygon-Portrait, das haben wir doch schon vor 20 Jahren gemacht. Gut, auch damals gab es schon den klassischen Mosaikeffekt, aber im Unterschied zum „Low Poly Trend“ der letzten Monate werden dabei nur quadratisch angeordnete, eingefärbte Flächen erzeugt. Beim Poly Portrait handelt es sich um die vielfältigsten Formen. Hierbei muss man sich nicht auf ein Quadrat festlegen. Meist werden Dreiecke verwendet, weil sich damit die Gesichtskonturen am besten abbilden lassen. Auch in der Kartografie nutzt man sogenannte unregelmäßige Dreiecksnetze (engl. Triangulated Irregular Networks, TIN) um Geländestrukturen exakt nachbilden zu können. Und genauso läuft das nun auch bei der Erstellung eures Polygon Porträts ab. Auch hier wollt ihr eine ziemlich realistische Nachbildung eures Gesichts erreichen. Das daraus dann später so ganz nebenbei ein eindrucksvolles Design entsteht, ist sicher ein toller Nebeneffekt dieser Methode.
Am wichtigsten dabei ist, dass ihr die Oberflächenstruktur eures Gesichts analysiert und euch vorher genau überlegt, wie ihr die Dreiecke verteilen könnt. Als Leitfaden ist zu sagen, dass ihr bei feinen Details mehr Polygone setzen solltet, während ihr bei großen Flächen auch mit wenigen Dreiecken auskommt. Mehr Dreiecke bedeuten natürlich auch mehr Arbeit, weniger Dreiecke können allerdings unter Umständen einen schwerwiegenden Detailverlust hervorrufen. Hier müsst ihr genau abwägen und ein wenig Geduld mitbringen.
Mein Tutorial ist im Übrigen an die Anleitung von TastyTuts angelehnt. Ich möchte im Groben auch in den fünf Schritten vorgehen, die Gareth David, der Kopf hinter TastyTuts, vorgibt: Vorbereitungen, Zeichnen der Dreiecke, Übertragen der Dreiecke aus Illustrator in Photoshop, das Polygon-Portrait einfärben und ein paar abschließende Feinjustierungen. Wie ihr daraus schon ableiten könnt, braucht ihr für dieses Projekt die beiden Standard-Grafikprogramme Adobe Photoshop und Adobe Illustrator. Nun wollen wir aber mit den Vorbereitungen unseres Portrait-Fotos für die Triangulation beginnen.
Vorbereitungen zum Polygon-Portrait
Step 1
Ihr öffnet also euer Portrait in Adobe Photoshop über den Menüpunkt Datei / Öffnen (alternativ natürlich auch mit dem Shortcut Strg+O). Jetzt könnt ihr noch eure Farben anpassen (Bild / Korrekturen / Farbton/Sättigung), die Helligkeit anpassen (Bild / Korrekturen / Gradationskurven) oder euer Bild noch mit dem Freistellungswerkzeug (C) zuschneiden. Wenn ihr damit fertig seid, speichert ihr alles als PSD-Datei ab (Datei / Speichern unter oder Shortcut Umschalt+Strg+S).
Zeichnen der Dreiecke unseres Polygon-Portraits
Step 2
Nun könnt ihr schon eure PSD-Datei in Adobe Illustrator öffnen. Dazu geht ihr in Illustrator auf Datei / Öffnen und belasst im sich jetzt öffnenden Einstellungsfenster einfach alle Voreinstellungen so, wie sie euch das Programm für euer Polygon Portrait vorgibt. Der Vorteil dieser Methode ist, dass ihr auch in Illustrator ein exakt mit eurem bearbeiteten Ausgangsfoto deckungsgleiches Bild bekommt. In einer neuen Ebene (Strg+L) zieht ihr euch mit dem Rechteckwerkzeug (M) über die gesamte Zeichenfläche ein Rechteck auf (Flächenfarbe Weiß / keine Kontur). Die Deckkraft der Ebene mit eurem Foto senkt ihr nun auf 60 %. Ihr dupliziert die Ebene mit dem weißen Rechteck, ändert die Flächenfarbe von Weiß zu Schwarz und senkt die Deckkraft dieser Ebene auf 20 %. Dann benennt ihr die Ebene in Grau um, ordnet die Ebenen wie hier im Screenshot zu sehen an und sperrt alle drei Ebenen. In einer weiteren neuen Ebene Dreiecke könnt ihr nun mit dem Zeichenstift-Werkzeug (P) anfangen, eure ersten Dreiecke zu ziehen. Dabei hat die Kontur eurer Dreiecke eine Stärke von 0,5 pt und ist weiß.
Step 3
Nach einigen Stunden Arbeit sollte euer Bild so aussehen. Tut mir leid, dass ich euch an dieser Stelle nicht sagen kann, dass dieser Step schon nach 10 Minuten abgearbeitet ist, aber hier ist eben alles Handarbeit und das dauert nun mal eine gewisse Zeit. Ihr müsst einfach geduldig und vor allem exakt arbeiten, aber für das Ergebnis, das ihr am Ende erzielen werdet, lohnt sich dieser Aufwand – das kann ich euch versichern. Wenn ihr merkt, dass ein Ankerpunkt nicht exakt sitzt, könnt ihr ihn nachträglich immer mit dem Direktauswahl-Werkzeug (A) noch verschieben. Am Ende sollte euer Polygon Portrait in Illustrator etwa so aussehen:
Step 4
Jetzt solltet ihr noch einmal kontrollieren, ob sich alle angrenzenden Pfade auch wirklich immer exakt in einem Ankerpunkt treffen. Sollte das einmal nicht der Fall sein, müsst ihr mit gedrückt gehaltener Umschalt-Taste und dem Direktauswahl-Werkzeug (A) alle Ankerpunkte auswählen. Dann geht ihr oben in der Steuerungsleiste auf die beiden Schaltflächen Horizontal zentriert ausrichten und Vertikal zentriert ausrichten. Achtet bitte dabei darauf, dass die Option An Auswahl ausrichten aktiviert ist.
Übertragen der Dreiecke von Illustrator in Photoshop
Step 5
Ihr wechselt jetzt zu Photoshop in das Fenster Pfade und klickt dort auf die Schaltfläche Neuen Pfad erstellen, um den Arbeitspfad Dreiecke zu erstellen. Nun wechselt ihr wieder in Illustrator, wählt mit dem Auswahl-Werkzeug (V) all eure Dreiecke aus, kopiert sie (Strg+C) und fügt sie in Photoshop wieder als Pfade ein (Strg+V).
Step 6
Wenn euer Pfad noch nicht zu 100 % über euer Portrait passen sollte, dann müsst ihr mit dem Direktauswahl-Werkzeug (A) den kompletten Pfad auswählen und dann könnt ihr ihn mit den Pfeiltasten eurer Tastatur exakt über euer Ausgangsbild schieben. Da hier alles die gleiche Größe wie in Illustrator hat, sollte das problemlos klappen.
Das Polygon-Portrait einfärben
Step 7
Auch hier kann ich es euch leider nicht ersparen und so müsst ihr auch für diesen Step mit ein paar Stunden Arbeitsaufwand rechnen. Dieser Arbeitsschritt ist etwas komplexer und muss für jedes einzelne Dreieck separat durchgeführt werden. Als allererstes müsst ihr euch eine neue Ebene Gesicht erstellen (Umschalt+Strg+N), in der ihr dann nach und nach euer Polygon in Photoshop einzeichnen könnt. Ihr wählt dann zunächst mit dem Direktauswahl-Werkzeug (A) bei aktivem Arbeitspfad eines eurer Dreiecke aus. Daraus erstellt ihr im Pfad-Fenster mit Klick auf Pfad als Auswahl laden eine Auswahl. Mit dem Pipette-Werkzeug (I) nehmt ihr erst einmal die hellste Farbe innerhalb dieses Dreiecks von eurem Gesicht auf. Mit Shortcut X wechselt ihr von der Vordergrund- zur Hintergrundfarbe. Für diese wählt ihr nun wieder mit dem Pipette-Werkzeug (I) die dunkelste Farbe auf eurem Gesicht aus, die sich unter eurem ausgewählten Rechteck befindet. Mit dem Verlaufswerkzeug (G) zeichnet ihr nun einen linearen Verlauf von Vorder- zu Hintergrundfarbe. Achtet dabei darauf, dass ihr den Verlauf auch an den Einfall des Lichtes auf eurem Gesicht anpasst. Je genauer ihr arbeitet, desto realistischer wirkt dann später euer Gesicht. Damit ihr mir bei diesen vielen Steps nicht durcheinanderkommt, hier nochmal alle Arbeitsschritte dieses Steps zusammengefasst: Dreieck auswählen – Auswahl erstellen – Vordergrundfarbe aufnehmen – zur Hintergrundfarbe wechseln und diese aufnehmen – linearen Verlauf aufziehen. Nach dem Füllen eines jeden Dreiecks müsst ihr eure Auswahl dann natürlich auch wieder mit dem Shortcut Strg+D aufheben.
Step 8
Auch hier kann ich euch schon von vornherein sagen, dass dies für euer komplettes Gesicht einige Zeit in Anspruch nehmen dürfte, um nicht das böse Wort „Stunden“ in den Mund zu nehmen. Ihr benötigt also einfach Geduld und Ausdauer. Am Ende sollte euer Ergebnis in etwa so aussehen:
Feinjustierung des Polygon-Portraits
Step 9
Nun lehnt ihr euch noch einmal ganz entspannt zurück und schaut auf euer Werk. Dabei prüft ihr, ob ihr alle Lichter und Schatten richtig erfasst habt. Wenn nicht, müsst ihr noch einmal nacharbeiten. Dazu geht ihr am besten wieder wie in Step 7 beschrieben vor, nur dass ihr eben dieses Mal leicht andere Farben wählt oder / und die Ausrichtung des Verlaufs ein wenig abändert.
Step 10
Jetzt solltet ihr noch einmal kontrollieren, ob auch wirklich alle Dreiecke aneinandergrenzen und ihr keine freien Stellen mehr in eurem Photoshop Polygon mehr habt, durch die dann später der Hintergrund durchscheinen könnte. Solltet ihr eine solche Stelle entdecken, zieht ihr euch mit dem Polygon-Lasso-Werkzeug (L) eine dreieckige Auswahl auf und füllt diese dann noch einmal mit dem Verlauf, der gerade in diesem Dreieck aktuell ist. Diesen nehmt ihr natürlich wieder mit dem Pipette-Werkzeug (I) auf.
Step 11
Im Anschluss daran könnt ihr eine weitere neue Ebene (Umschalt+Strg+N) für den Hintergrund einfügen. Je nach Komplexität und Farbigkeit solltet ihr dabei darauf achten, dass ihr nicht allzu knallige Farben dafür einsetzt, da diese dann ja wieder von eurem Hauptmotiv ablenken würden. Ich habe mich für diesen Hintergrund für zwei blaugraue Farbtöne entschieden (heller: #757380, dunkler: #585462). Bei der Art des Verlaufs solltet ihr euch für einen reflektierten Verlauf entscheiden, den ihr dann mit dem Verlaufswerkzeug (G) von der Bildmitte nach links unten in Pfeilrichtung aufzieht.
Step 12
Wenn ihr wollt, könnt ihr auf die Konturen der Dreiecke noch nachziehen lassen. Als erstes müsst ihr euch noch einmal eine neue Ebene erstellen, die ihr dann später beliebig aktivieren oder deaktivieren könnt, um zu entscheiden, welche Variante euch besser gefällt. Dann stellt ihr beim Pinselwerkzeug (B) einen 3 px großen, harten Pinsel ein, legt Weiß (#FFFFFF) als Vordergrundfarbe fest und aktiviert wieder im Fenster Pfade euren kompletten Pfad. Anschließend klickt ihr mit rechts auf den Pfad im Pfade-Fenster und geht auf Pfadkontur füllen. Im sich neu öffnenden Fenster lasst ihr Pinsel als Option voreingestellt und bestätigt mit OK.
Step 13
Solltet ihr einmal die Farbstimmung in eurem Bild ändern wollen, dann braucht ihr nur eure Ebene mit dem Gesicht zu duplizieren (Strg+D) und danach fügt ihr im Fenster Korrekturen eine neue Einstellungsebene Farbton / Sättigung hinzu. Dort müsst ihr dann mit den Reglern für den Farbton und die Sättigung etwas herumexperimentieren. Achtet bei dieser Einstellungsebene bitte auch darauf, dass die Option, die ich für euch rot markiert habe, aktiviert ist. Damit wirkt die Farbton / Sättigung-Ebene dann nur auf die darunterliegende Ebene mit dem Gesicht und nicht auf alle Ebenen. Damit seid ihr dann auch schon am Ende dieses Tutorials angelangt. Es wäre interessant, wenn ihr eure Ergebnisse mal in den Kommentaren verlinken würdet.
Das Polygon-Portrait im Vorher/Nachher-Vergleich
Damit ihr mal einen Vorher/Nachher-Vergleich habt, habe ich mal beide Bilder direkt gegenübergestellt.
5 Kommentare
Hallo, ich habe das ganze nun auch bei mir versucht und bis zu dem Punkt „Pfade in Photoshop einfügen“ hat auch alles geklappt. Anschließend wollte ich bei aktiven Arbeitspfad die Auswahl eines Dreiecks vornehmen und anschließend eine Auswahl erstellen. Ich bekomme aber immer wieder die Meldung „Keine Pixel ausgewählt“ und finde leider keine Lösung bzw. weiß ich nicht, wo das Problem liegt. Wisst ihr das vielleicht? Viele Grüße, Nicole
Hallo Nicole,
du musst dir zunächst über deiner gesperrten Hintergrundebene eine neue Ebene erstellen (Ebene / Neu / Ebene…), so dass du, wie im Step 7 dargestellt, zwei Ebenen in deinem Dokument hast.
Bei der Auswahl mit dem Direktauswahl-Werkzeug (Shortcut A) musst du immer auf eine der drei Kanten des gewünschten Dreiecks klicken. Ob das richtige Dreieck ausgewählt ist und ob es überhaupt mit der Auswahl geklappt hat, siehst du daran, dass alle drei Ecken, in Photoshop als Ankerpunkte bezeichnet, etwas stärker hervorgehoben wurden. Das zeigt dir an, welche drei Ankerpunkte aktuell aktiv sind. Wenn du das beachtet hast, muss es dann auch mit der Auswahl über den Punkt Pfad als Auswahl laden im Pfade-Fenster klappen.
Viele Grüße, Thomas
Hallo Thomas,
mmmmmhhh so habe ich das auch gemacht aber leider kommt trotzdem immer wieder diese Meldung. Sehr merkwürdig. Dann muss ich da mal noch etwas weiter recherchieren. Ich weiß nicht ob das Problem jetzt wirklich bei Photoshop hängt oder Illustrator. Aber die Schritte wie in dem Tutorial sind identisch.
Viele Grüße, Nicole
Hey,
ich bin bis zum 7.Step gekommen und beim Einfärben bemerkt, dass es nicht funktionieren kann. Beim Dreieckeaufziehen habe ich es zuvor nicht geschafft einzelne voneinander getrennte Dreiecke aufzuziehen. Ich habe dagegen mehrere durchlaufende Pfade :( Im gesamten jedoch hat sich ein Bild ergeben, dass Deinem ähnelt, das heißt, dass einzelne dreieckige Flächen entstanden sind- nur diese kann ich jetzt nicht einfärben. Gibt es eine Möglichkeit, diese einzelne Pfade neu zu transformieren, sodass die durch sich schneidende Kanten ergebenen dreieckige Flächen auch wirklich als einzelne Objekte, nämlich Dreiecke, erkannt werden und ich sie färben kann?
Vielen Dank im Voraus!
Hallo Anna,
das ist natürlich schade, dass du bei Step 7 nicht weiterkommst. Um das Ergebnis zu erreichen, ist, leider Gottes auch bei dieser Hitze, hochkonzentriertes Arbeiten gefragt und mir selbst ist es beim Erstellen dieser Datei schon oft passiert, dass ich dachte, alle Dreiecke geschlossen zu haben, was sich dann im Nachhinein als Fehler herausstellte. Deine Aussage „mehrere durchlaufende Pfade“ deutet für mich aus der Ferne darauf hin, dass du aus Versehen einige Dreiecke nicht geschlossen hast. Hier bleibt dir nur die Möglichkeit, wieder zurück zu Illustrator zu wechseln und dort noch einmal die entsprechenden Pfade genau zu analysieren und zu schließen. Oft kommt es auch vor, dass man fälschlicherweise durch die Seiten der drei umgebenden Dreiecke denkt, man hätte auch in der Mitte schon ein Dreieck erstellt, aber wo nichts ist, kann man dann in Photoshop auch nichts einfärben. Da gibt es auch keine Möglichkeit der Transformation mehr. Tut mir leid, dass ich dir, ohne deine Illustrator- und Photoshop-Dateien genau zu kennen, keine positivere Antwort geben kann.
Viele Grüße, Thomas