Typographie ist die Gestaltung von Texten für die drucktechnische Vervielfältigung (Bücher, Zeitschriften, Flyer, Broschüren usw.) oder die Bildschirmwiedergabe (Internet/Webdesign, Fernsehen, Film). Seit der Personal Computer die Welt des Schriftsatzes der Allgemeinheit zugänglich gemacht hat, hat der Begriff der Typografie weitreichende Popularität erlangt. Ich zeige euch anhand von 8 anschaulichen Regeln und Tipps, wie ihr Fehler und Tabus bei der Kunst des Schriftsatzes vermeidet, um den Lesern ein makelloses Schriftbild sowie gut lesbare Texte darbieten könnt.
ein kurzer Überblick zur Typografie
Was ist Typografie? Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und setzt sich zusammen aus dem Wort „Typos“ für „geprägt“ oder „Form“ und dem Begriff „Graphein“ für „schreiben“, am besten übersetzt durch „Arbeiten mit Schrift“. Im Ursprünglichen Sinne bezieht sich die Typografie auf sämtliche Bereiche der „Bucherdruckerkunst“, vom Druckschriftenentwurf über den Letterguss und die Methoden zur drucktechnischen Schriftvervielfältigung bis hin zur formalen Gestaltung von Druckwerken. Dem rasanten technischen und gesellschaftlichen Strukturwandel geschuldet, lässt sich der Begriff Typografie heutzutage nicht mehr klar und allgemein gültig definieren. Typografie steht einerseits für die gedruckte Schrift, bezeichnet jedoch auch den Gestaltungsprozess von Druckwerken und elektronischen Medien mittels Bild, Schrift, Linien, Flächen und typografischem Raum. Der weitgefächerte Begriff Typografie umfasst also nicht nur die Gestaltung eines Layouts und den Entwurf und das Design von Schriften. Festhalten lässt sich jedoch, dass die Kunst des Typografen darin besteht, Gestaltungsmerkmale in geeigneter Weise zu kombinieren.
Gute Typographie ist so, wie ein guter Diener gewesen sein mag: da und doch nicht bemerkbar; unauffällig, aber eine Voraussetzung des Wohlbefindens, lautlos, geschmeidig […] Gute Schrift, richtige Anordnung; das sind die beiden Pfeiler aller Schriftkunst.
(Jan Tschichold, einer der einflussreichsten Typografen des 20. Jahrhunderts)
Es folgen nun die Tipps für eine stimmige Typografie.
#1 Die Zeilenlänge des Fließtextes
Die Zeilenlänge beeinflußt den Lesefluss eines Textes. Ist die Länge einer Zeile zu lang oder zu kurz, empfindet der Leser den Text als ermüdend oder störend. Ein lange Zeile unterbricht den Lesefluss, da das Auge des Lesers den Beginn einer neuen Zeile erst suchen muss.
Die optimale Anzahl der Zeichen der Buchstaben ist von Text zu Text unterschiedlich, empfohlen werden 50-80 Zeichen einschließlich der Leerzeichen.
#2 Der Zeilenabstand beim Fließtext
Der Zeilenabstand spielt eine große Rolle für die Lesbarkeit eines Textes. Ist dieser korrekt gewählt, ist es für den Leser einfacher dem Text zu folgen und das Erscheinungsbild des gesamten Textes wird verbessert. Viele Faktoren haben Einfluß auf den Zeilenabstand: Schriftart, Schriftgröße oder Zeichenbreite. Je länger eine Zeile desto mehr Zeilenabstand wird benötigt, je kürzer desto weniger.
#3 Optischer Randausgleich bei Anführungszeichen
Anführungszeichen sollten immer außerhalb des Textes eingefügt werden. Stehen Sie innerhalb eines Textblocks unterbricht dies den Lesefluss des Lesers. Für diese und andere Sonderzeichen steht beispielsweise in InDesign die Funktion des optischen Randausgleichs zur Verfügung.
#4 Vertikale Ausrichtung des Textes im Layout
Das Einhalten der Schreiblinien ist die Grundlage für den Lesefluss eines Textes. So ist der Leser fähig, diesem einfach und schnell zu folgen, unabhängig von der verwendeten Schriftart, Schriftgröße oder Zeilenabstand.
#5 Das Hurenkind und Schusterjunge
Als Hurenkind bezeichnet man einen Satzfehler, bei dem die letzte Zeile eines Absatzes eine neue Spalte oder Seite eröffnet. Ein Schusterjunge ist ein Satzfehler, bei dem die erste Zeile eines Absatzes die letzte Zeile einer Spalte oder Seite bildet. Hurenkinder und Schusterjungen reißen Löcher in eine Textseite und beeinflussen die Lesbarkeit in hohem Maße. Sie können durch anpassen der Schriftgröße, Zeilenlänge, Zeilenabstand und Vertikale Ausrichtung vermieden werden. Ich möchte euch an dieser Stelle auch meinen Printblogger-Artikel zum Schusterjungen und Hurenkind ans Herz legen.
#6 Hervorheben der Schrift im Layout
Es ist wichtig, ein Wort hervorzuheben ohne des Lesefluss zu unterbrechen. Möglichkeiten dazu existieren viele; Fettgedruckt, Hoch- Tiefgestellt oder Unterstreichen. Die angenehmste Art ist, ein Wort Kursiv hervorzuheben. Wofür ihr euch auch immer entscheiden, vermeidet es, die einzelnen Formen zu vemischen.
#7 Der Flattersatz bei Schrift
Der Flattersatz bezeichnet in der Typografie eine Satzform, bei der die Zeilen ungleichmäßig auslaufen. Stellt bitte sicher, dass die nicht ausgerichtete Textseite gleichmäßig und ohne tiefe Löcher gehalten ist.
#8 Die Skalierung der Buchstaben (Schriftgröße)
Arbeitet zusätzlich immer mit einer definierten Skala an verschiedenen Schriftgrößen, welche im Vorfeld festgelegt wurde und an die ihr euch haltet. Die richtige Skalierung ist wichtig, da sie eine typografische Hierarchie bildet und den Zusammenhalt des Textes verstärkt. Schaut doch bei dieser Gelegenheit einmal in meine umfangreiche Sammlung stilvoller und kostenloser Fonts.
9 Kommentare
Je länger eine Zeile desto (größerer) Zeilenabstand wird benötigt, je kürzer desto weniger.
wenn es heißt „desto weniger“, muss es heißen “ Je länger eine desto mehr zeilenabstand.
Hey ihr zwei,
ich habe mich soeben um den kleinen Fehlerteufel gekümmert und den Satz vervollständigt. Danke für die sachdienlichen Hinweise. ;)
Bild 3? Sehe kein Unterschied zwischen den beiden Bsp.
Hallo Nils,
beim ersten Beispiel in #3 ist das Anführungszeichen außerhalb des Textblockes platziert. Beim zweiten Beispiel wiederum ist es eingerückt.
Hallo Robert
Können Sie mir sagen, ob es stimmt, dass man nicht zwei Trennungen hintereinander vornehmen soll.
Gerne erwarte ich Ihre Antwort.
Hallo Agnes,
ich gehe mal davon aus, dass Du auf die Trennung am Zeilenende anspielst. Hier gilt m. E. nach die Regel, dass man nicht mehr als drei Trennungen untereinander setzen sollte. Auf keinen Fall sollten bei einer Trennung zwei gleiche Silben direkt untereinander stehen. Bei umfangreichen Texten muss man Worttrennungen sicherlich akzeptieren, jedoch sollte man bestrebt sein, diese auf ein Minimum zu reduzieren.
Ich hoffe, Dir mit meiner Antwort geholfen zu haben.
Beste Grüße,
Robert
„Gott grüß die Kunst“, sagte ich als Schriftsetzer-Lehrling 1963 zu meinem Lehrgesellen (Respektsperson, ca. Jahrgang1900, tadelloser Kittel, immer Krawatte, belesen und standesbewußt).
Er antwortete damals mit schöner Regelmäßigkeit „Sie ist verhunzt“ !!!
Gottseidank gibt es neben den „Windows-Künstlern“ und Rechtschreibakrobaten heutzutage noch Drucksachen, bei denen man nicht zu erblinden droht !
Gott grüß die Kunst
Wolfgang Fricke
Sehr geehrter Herr Fricke,
vielen Dank für diesen nostalgischen Blick in die Vergangenheit. Der Chef meines Ausbildungsbetriebes hatte damals stets eine spannende Anekdote parat, auch aus den Anfängen der Reprografie. Jede Ära bringt defintitv ein paar Besonderheiten mit sich.
Was das Hier und Jetzt betrifft sehe ich es absolut positiv, dass die Welt der Gestaltung recht einfach zu betreten ist und die Möglichkeiten schier unendlich sind. Viele Künstler nutzen die digitalen Lösungen als Ergänzung für ihr Schaffen. Die Fähigkeiten und Arbeitsweisen eines jeden sind hierbei wohl unterschiedlich – am Ende wird sich jedoch immer die Qualität und Individualität durchsetzen.
Viele Grüße,
Robert Block